… wie ich es seit meiner Jugend in den 70ern erleben konnte.

Ich war bei der Armee in der DDR. Wurde im Mai 1980 eingezogen. Und hatte, wie viele dort, die Schnauze gestrichen voll von dem Drill. Warum drei Jahre Armee? Ich hatte mich in meiner (unschuldigen) Jugendzeit von einem Bekannten unserer Familie dazu überreden lassen, Berufsoffizier zu werden. Warum? Ich war damals Mitglied der GST, der Gesellschaft für Sport und Technik. Krasser Name und Überbegriff für die verschiedensten Vereinigungen. In denen Jugendliche in der DDR unterkommen konnten, um Hobbys oder Neigungen auszuleben.

Ich hatte eine tiefe Liebe zu Schiffen, zur See, in mir. Und in dieser GST in Staßfurt am Fluss Bode lernten wir dann alle Vorraussetzungen fürs Leben auf See. Kutterrudern mit zehn Mann plus Steuermann. Das brachte Zusammenhalt. Sogar einen der zehn wichtigsten Seemannknoten kann ich heute noch und benutze ihn instinktiv und automatisch. Sowas geht nicht weg. 

Dann die Eignungsprüfung in Löbau. Das war eine der Offiziersschulen in der damaligen DDR. Südlich, am Arsch der Welt. Eine Tagesreise bis zur Ankunft. Am nächsten Morgen sechs Uhr aufstehen. Überall Gebrüll von Kommandos, Klirren von Kettengliedern. (Das waren Einzelglieder von Panzerketten, gern genutzt zum Gewichtheben und anderen Dingen beim Frühsport.  Mir wurde in sekundenschnelle ganz klar: Fehlentscheidung!! Und, hier muss ich gaaanz schnell weg. Dann, ärztliche Untersuchung vom Armee-Facharzt. 

Mir fiel schlagartig ein Kommentar von früher ein, den ein anderer Bevollmächtigter zu mir raunte, weil ich meine Allergie Heuschnupfen ansprach: „Wenn Sie das sagen, sind sie sofort ausgemustert!“ 

DAS wurde mir schlagartig der Rettungsanker. Beim Armeearzt meinte ich dann auch auf der Anfrage, ob denn alles in Ordnung sei, ganz „nebenbei“. „Oooch, alles wunderbar, außer dass ich Heuschnupfen habe. Aber das ist ja nicht weiter schlimm.“

Das klappte wirklich, der sah mich groß an und sagte mir gleich, dann können Sie auf keinen Fall die Offiezierslaufbahn in der NVA der DDR einschlagen!! 

Na ja, tief betrübt (nach außen) innerlich jubelnd weil es wirklich klappte, ging ich zurück in den Warterraum. Danach kam mein Kumpel raus, ebenfalls aus Staßfurt, ebenfalls KFZ-Schlosser wie ich. Und ebenfalls ausgemustert. Wie das?? 

„ Ich hab ihm erzählt, dass ich vier Kniescheiben habe“ sagte er mir auf meine Frage. Na ja, was bei allen normal zweifach vorhanden war, war es bei ihm unterteilt in vierfach. Der Offizier wollte ihn  am liebsten eine runterhauen, denn er fühlte sich erst mal verarscht. Aber es gab einen Attest. Zwei „Blindgänger“ gleich hintereinander hatte er schlecht verkraftet. 

Danach war für uns nur noch das Aushalten des Tages. Wir machten Hilsdienste beim Leistungssport und hauten am nächsten Tag gleich nach dem Frühstück ab.

Bahnfahrt in der DDR war ein langwieriges Abenteuer, zumal von Löbau bis  Staßfurt. In Halle hatten wir mehrstündigen Aufenthalt, im dortigen Ratskeller in Bahnhofsnähe bekamen wir gute Plätze. Feierten zusammen ausgiebig, dass wir drumherum gekommen sind. Wir waren beide der Meinung: Jeder, der meint Kriege anzetteln zu müssen, soll selbst hingehen und nicht andere schicken!

Aber im Wehrkreiskommando in Staßfurt hatten sie mich in der Zange. Ich, unwissend, keiner da, der mir weiterhelfen konnte. Und dort sagte man mir, wenn sie Fotografie studieren wollen, müssen sie drei Jahre Armee leisten. Sonst kein Studium möglich. Tja, mit 19 ist man nicht sehr wissend. Und so kam ich im Mai 1980 nach Lehnitz zur Artillerie in meinen Armeedienst. Das alles zur Erklärung, bevor tausende Fragen vom Eigentlichen ablenken, was leider so oft der Fall ist.

Das Eigentliche ist meine ewige Liebe zur Musik. Durch unsere Westverwandschaft hatte ich zu meiner Jugendweihe auch einige Scheine „Harte Währung“ geschenkt bekommen. Und im damaligen Intershop, den Ort wo man nur mittels Westgeld einkaufen konnte, den gab es auch recht umfangreich in Magdeburg. Dort konnte ich dann mit Zuschuss meiner lieben Eltern, meinen damals größten Wunsch erfüllen.

 Einen Kassettenrecorder. In den steckte man eine sogenannte Musikkassette, also eine Bandmaschine in Kleinstform, um Töne zu speichern. Was man heute ganz einfach mit jedem Handy kann. Aber ich spreche von 1977. Da war so ein Kassettenrecorder die einzige Möglichkeit, Lieblingsmusik zu sammeln. 

Auf diese Musikcassetten. Dieses Ding aus Japan habe ich geliebt. Meine damaligen Freunde hatten diese Recorder aus der DDR und die hatten so eine doofe Transportrollenaufhängung, was immer so ein Musikleiern hervorbrachte. 

Ging so auf die Ohren, gerade wenn man so empfindlich ist (PS: erst 1986 hatte ich mir dann in der DDR ein neues Gerät kaufen können, was endlich super in allen technischen Belangen war. Langer Weg…)

In meiner Armeezeit musste ich, wie andere auch, oft Dienst schieben, bevor ich das Glück hatte, in den Regimentsklub übernommen zu werden. Bei so einen Dienst hatte ich mir meinen selbst reparierten Kassettenrecorder, den ich heimlich von zu Hause mitbrachte, für die Nachtstunden dabei. Und da war dann auch mein Vize, ein Typ aus dem Rhöngebiet, von uns liebevoll „Der Rhönie“ genannt. 

Meine Musik hatte ich zu Hause immer vom NDR2 mitgeschniten. Die brachten zu bestimmten Zeiten immer die aktuellsten Hits. Und so hatten wir in auch in Staßfurt immer die aktuellsten Sachen parat. Nur, ich hatte nie genau Ahnung, wer da was spielte. Konnte ich mir oft nicht merken, ich nahm nur das auf, was mir gefiel. 

Und der Rhönie sagte dann anerkennend, Klasse Dinger von ELO. ????

Und so erfuhr ich vieles in diesen Gesprächen in der Nachtwache von den Musikgruppen, die mir einfach gefielen. Schade dass ich den Rhönie aus den Augen verloren habe, das war ein Typ mit gerader Meinung!

Nun, ich liebe ELO. In meiner weiteren Armeezeit, nun im Regimentsklub, weil ich einen Filmvorführerschein besaß um Kinofilme zu zeigen, die Fotografie beherrschte, wie keiner dort. Und auch das technische Verständnis für die tonale Welt. Ich erlebte viele DDR-Musikgruppen fast hautnah dort. Mit den Leuten um Tamara Danz und „Silly“ saßen wir noch die halbe Nacht im Casino,starke Getränke mit dabei. Und was ich immer am Besten erlebte, diese ganz natürliche Menschlichkeit von allen, egal ob „Star“ oder Star. 

Und viel später, nach 2000, hatte ich die Möglichkeit, gleich zweimal, ELO life zu erleben. Es war für mich unbeschreiblich, war jedes Mal als Fotograf dort engagiert und somit fast hautnah dran. Unbeschreiblich schön für mich. Und wieder mal bemerkenswert, wie die Strömungen, von denen Flömer so sprach, doch alles durchrühren und Bestimmtes zueinander bringen. 

Dankbar für mein Leben bin ich, dankbar.

Phil Bates

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